In Estland ist Schule kool – Erasmus-Plus-Projekt PE-LE erleichtert Auslandspraktika

Schule heißt auf Estnisch kool; da reicht es, zu googlen. Wer jedoch wirklich erfahren möchte, wie in Estland und anderen europäischen Ländern gelernt und ausgebildet wird, muss reisen und Auslandserfahrungen sammeln. Nur so lassen sich die Vorzüge der Freizügigkeit des europäischen Binnenmarktes auskosten. Auslandspraktika werden von der EU über Erasmus-Programme gefördert, sodass sie auch für Auszubildende erschwinglich sind. Dabei gilt es jedoch, einige bürokratische Hürden zu überwinden. Außerdem sollen Auslandspraktika von Lehrkräften und Ausbildenden betreut werden, damit die Lerneffekte maximiert werden. An dieser Stelle setzt das Erasmus-Projekt PE-LE (kurz für Personalised Competence-based Learning paths for vocational education and training in Europe) ein. Ziel des Projekts ist es, eine gemeinsame europäische Online-Plattform zu entwickeln, auf die Auszubildende, Lehrkräfte und Betriebe zugreifen können, um Auslandspraktika zu organisieren und zu betreuen. Die Projektteams unter der Leitung des Finnen Jari Koivumaa kommen aus Finnland, Schweden, Spanien, Estland und Deutschland. Vom 27. bis zum 29. Mai 2019 fand in Tartu, der so genannten city of good thoughts, ein zweites Arbeitstreffen mit den Projektteams aller beteiligten Länder statt.

Für die Deutschen waren Jörg Hegewald und Lars Lamers aus dem Berufskolleg an der Lindenstraße in Köln mit dabei. Nachdem im Dezember 2018 bereits beim Kick-Off-Meeting in Köln das Ziel grob formuliert und die Arbeitspakete auf die Länderteams aufgeteilt worden waren, fand nun das zweite Treffen in Tartu statt, dem mit seiner wichtigen Universität intellektuellen Zentrum Estlands. Dort diskutierten die Länderteams ihre Vorstellungen und klärten viele offene Fragen. Ein wichtiger Prozess, schließlich soll ja bis 2021 eine Plattform entstehen, die von Deutschen, Schweden und Spaniern usw. gleichermaßen benutzt werden kann, und dabei unterscheiden sich die Ausbildungssysteme in Europa teilweise erheblich. Während in Deutschland Auslandspraktika oft nur als Elitenförderung benutzt werden, müssen finnische Auszubildende beispielsweise darüber so genannte learning points sammeln, die ihrer beruflichen Qualifizierung angerechnet werden. Diese ist modular aufgebaut und nicht auf eine dreijährige Dauer wie im dualen Ausbildungssystem Deutschlands beschränkt. Dadurch differiert die Anzahl der zu organisierenden mobilities unter den teilnehmenden Schulen beträchtlich und wo in Deutschland vielleicht nur eine erfahrene EU-Koordinatorin mit der Aufgabe befasst ist, soll diese in Finnland von allen Klassenleitungen geleistet werden können.

Wirtschaftsinformatiker Jörg Hegewald vom Berufskolleg an der Lindenstraße brachte die wichtigsten Grundlagen auf den Punkt: Eine Datenbank muss her, in welche die Auszubildenden, die Lehrpersonen und Betriebe ihre Informationen einspeisen können.  Bei einem Projektmeeting in einem Konferenzraum des estnischen Nationalmuseums entwickelte er kurzerhand ein Entity-Relationship-Model als Grundlage dafür. Aus der Datenbank sollen dann die nötigen Formulare gespeist werden, die für die bürokratische Abwicklung eines Praktikums gebraucht werden. Abgetrennt von den schützenswerten Informationen der Datenbank sollen Informationen und Hilfestellungen auf der Website der Plattform intuitiv erreichbar für alle Nutzenden verfügbar gemacht werden und sie durch den Ablauf von der Entscheidungsfindung und Planung über die Durchführung und Nachbereitung begleiten. Auf diese Weise soll die Organisationsarbeit für alle einfacher und effektiver gestaltet werden können.

Während das estnische Projektteam vom Kutsehariduskeskus (Estnisch für Berufsbildungszentrum) aus Tartu die Programmierung der Plattform übernimmt, besteht die Aufgabe des Teams vom Berufskolleg an der Lindenstraße darin, wichtige Informationen und Dokumente  für das Coaching der Auszubildenden und Schülerinnen und Schüler zu gestalten. Die Finnen besorgen derweil die Aufbereitung der Informationen für die Lehrkräfte bis zum nächsten Projektreffen im weihnachtlichen Rovaniemi in Finnland im Dezember. Mit dieser Klarheit im Gepäck und – dank ihrer großartigen Gastgeberinnen, Signe Vedler und Mariann Karjann - vielen Eindrücken der estnischen Kultur reicher, brachen Hegewald und Lamers am Mittwochabend zufrieden wieder auf. Mit dem Reisebus samt freiem WIFI ging es für gerade einmal sechs Euro pro Person in zweieinhalb Stunden nach Tallinn, wo sie am nächsten Morgen den Flieger nach Deutschland nahmen. Während destruktive Kräfte derzeit die europäische Idee auf den Kopf stellen, nahmen die beiden nicht nur viele neue Eindrücke mit, sondern auch die Gewissheit, mit ihren Partnern einen kleinen Beitrag für den innereuropäischen Zusammenhalt und zukünftige Generationen in Europa zu leisten.

www.bkal.de

https://peleproject.wordpress.com/